90 Minuten mit Bruchhagen
Emotionaler Eintracht-Boss antwortete "Adlerauge" vor Ort im Stadion
Ich habe mich getäuscht. Obwohl ich "nur" Eintracht-Fan und Hobby-Journalist bin, hat Eintracht-Boss Bruchhagen meinen an dieser Stelle am 29.April 2009 veröffentlichten "Offenen Brief" und alle anderen "Adlerauge-Kolumnen" sehr wohl zur Kenntnis genommen und mich am letzten Donnerstag zu einem Gespräch in sein Stadion-Büro eingeladen. Diese intensive Verbalpartie dauerte 90 Minuten und in der ersten "Halbzeit" erlebte ich überfallartige Attacken, während die zweite Halbzeit informativ, kompakt und auf "Augenhöhe" verlief.
Ohne Restmaß an Respekt für Funkels Lebenswerk?
"Nun sind Sie hier und müssen meine Antworten ertragen", legte der Boss gleich los und verpasste mir ein Persönlichkeitsprofil, das zwar nicht viel mit mir zu tun hatte, aber glasklar machte, das zwischen Bruchhagens und meiner "Denke" über Fans und sportliche Leistungsfähigkeit unserer Eintracht Welten liegen. "Ich habe mich mit meiner Frau beraten und wollte Ihre Artikel sogar von einem Psychologen analysieren lassen, um herauszufinden was "Adlerauge" für ein Mensch sein muss, der jahrelang unseren Trainer beharrlich und ohne ein Restmaß an Respekt vor dem Lebenswerk des Herrn Funkel kritisiert. Ich frage mich, wie einsam ein Mensch sein muss, der Woche für Woche in einsamen Nächten vor seinem Computer derartige Texte verfasst", beschrieb mich Bruchhagen als Einzelgänger und verbissenen Internet-Freak.
Mein Persönlichkeitsbild wieder zurecht gerückt
Durch Offenlegung meiner wahren Vita, als ein seit Jahrzehnten glücklich verheirateter Familienvater, der den PC seiner Töchter nur sehr selten benutzt, die Nächte durchaus in angenehmer Zweisamkeit verbringt, im Hauptberuf einem konservativen Job nachgeht, praktisch von Geburt an Eintracht-Fan ist, fast jedes Spiel besucht und zudem oftmals als ehrenamtlicher Betreuer blinder Fußballfans tätig ist und für mehr Gerechtigkeit der Fans im Stadion kämpft, konnte ich Bruchhagens Vorurteile glaubhaft widerlegen.
"Ich werde niemals dem Mainstream folgen!"
Ex-Lehrer Bruchhagen ist zwar kein guter Psychologe aber auch kein cooler Ignorant der Fanszene. Er beobachtet den "Mainstream", wie er die Fankurven bezeichnet, mit Argusaugen, hat alle Vorstandsberichte seiner Vorgänger studiert, deren "Kurzschlussaktionen" uns ärgert sich über eine hinterlassene Kreditschuld, die er in unserem Gespräch detailliert zur Sprache bringt. Bruchhagen leidet unter Missfallenskundgebungen der Fans gegen seinen Trainer mehr als man denkt. Dennoch wird sich dieser Mann niemals vom Fußballvolk "fremdbestimmen" lassen. Kritik an Funkel lässt er nicht mal ansatzweise zu. Der Trainer sei loyal, fachlich kompetent, selbstbewusst und meine Kritik an ihm entspräche einfach nicht der Wahrheit.
Lob für Heynckes & Funkel und Kritik an Felix Magath
Mit seinem Verzicht auf Abfindung bei möglicher Entlassung besitzt Funkel jetzt Bruchhagens maximales Vertrauen. "Herr Mahath ist derzeit der angesagteste Trainer, oder? Wenn Sie wüssten, was der hier nach seiner Entlassung abkassiert hat", fragt mich Bruchhagen provokativ, ohne mich antworten zu lassen und bekennt sich unerwartet zum "Eintracht-Mainstream-Lieblingsfeind" Nummer 1, Jupp Heynckes, weil dieser sein Restgehalt sogar unaufgefordert zurück überwiesen und null Abfindung kassiert haben soll. Dass "Schwupp-die-Jupp" allerdings einen personell und materiell kaum ermessbaren sportlichen Scherbenhaufen hinterlassen hat, verschweigt der Eintracht-Boss.
Teurer Stadionmietvertrag und erdrückendeFanliebe
Bruchhagen riet mir mal 50 Kilometer außerhalb von Frankfurt nach Trainer Funkel zu fragen, da würden angeblich nur Lobeshymnen über diesen verbreitet. Nur hier in Frankfurt sei alles anders. Hier würde die Eintracht von ihren Fans, deren Liebe und unglaublichen 9 Millionen Euro Stadion-Jahresmietkosten "erdrückt". Mehrfach betont Bruchhagen, dass man sich nicht mal mehr einen Spieler wie Michael Fink leisten könne, in seinen Möglichkeiten über Jahre hin limitiert sei, und dass er Angst vor einem zweiten Dietmar Hopp aus Kronberg hat.
Kaum Übereinstimmung
"Ich will und kann ihre Meinung nicht ändern und sie meine auch nicht", stellte Bruchhagen zum Schluss des Gesprächs klar. Damit hat er (leider) vollkommen Recht. Kompliment für seine sehr emotionalen, offenen, ehrlichen Worte. Vieles kann ich nachvollziehen. Nicht verstehen kann ich jedoch Bruchhagens Volksumfragen-Logik. Warum glaubt er den 50 Kilometer entfernt von Frankfurt lebenden Fans mehr als uns? Dieses Argument passt irgendwie nicht ins "Mainstream-Bild" dieses Mannes, für den die 1.Liga ein mathematisch kalkulierbares Projekt, und die Liebe der Fans etwas Erdrückendes ist. Dennoch vielen Dank für das offene Gespräch, Herr Bruchhagen. Wir werden bald sehen, ob Friedhelm Funkel ihr Mega-Vertrauen verdient hat.
Herzlichst, Ihr "Adlerauge"
adlerauge@BlitzTip.de
__________________ Gruß Thomas
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